Vor zwanzig Jahren gründeten zwei Betriebssystementwickler eine Spiele-Schmiede, die mit jedem Titel neue Maßstäbe setzte. Sie wählten nie den sicheren Weg, sondern machten stets was keiner von ihnen erwartete. Ihre Spiele entstanden immer aus Mod-Vorlagen oder durch Modder. Jedes ihrer Spiele heimste eine Durchschnittswertung im 90% Bereich ein und verkaufte 10 Millionen Exemplare oder mehr. Dies ist die Geschichte von Valve.
Im Februar 1991 gründeten vier Nerds in Shreveport Louisiana in demand Software. Mit Wolfenstein 3D schufen sie den ersten First Person Shooter. Ihr zweites Werk dieses Genres, Doom, legte durch die neuen Deathmatches sämtliche Uni-Netzwerke lahm und wurde zu einem immensen Durchbruch. Die Doom Shareware verbreitete sich wie ein Virus. Was darin resultierte, dass es im August 1996 mehr PCs mit Doom als Windows 95 gab. Eine Entwicklung die verständlicherweise auch an Microsoft selbst nicht vorüber ging.
Ein Programmierer bei Microsoft war von Doom besonders angetan: Gabe Logan Newell. Gabe war quasi Microsoft Urgestein. Er arbeitete bereits seit 13 Jahren dort und war u.a. Projektleiter der drei ersten Windows Versionen gewesen. Als Gabe Doom in die Hände fiel, war er überzeugt, der PC wäre als Gaming Plattform besser als jede damalige Konsole. Er zeigte das Spiel mit Begeisterung allen Kollegen im Büro, programmierte mit deren Unterstützung eine Windows-Version von Doom, denn 1993 war eigentlich DOS das bevorzugte Betriebssystem gewesen. Sein Doom für Windows stellte er John Carmack umsonst zur Verfügung. Für id’s Doom Nachfolger Quake, suchte sich Engine Programmierer John Carmack erstmalig Unterstützung. Er fand sie in Michael Abrash, einem Microsoft Angestellten und Freund von Gabe Newell. Michael war von der Quake Programmierung derart begeistert, dass er seinen ehemaligen Microsoft Arbeitskollegen empfahl, selbst eine Spielefirma zu gründen. Dem Aufruf folgend, fuhren Gabe Newell und Mike Harrington im Sommer 1996 zu id und sahen sich Quake an. Mike Harrington war zehn Jahre zuvor bereits in der Spielebranche tätig gewesen. Er hatte für Dynamix diverse Sportspiele programmiert, war dann jedoch zu Microsoft gewechselt, wo er am Server-Betriebssystem Windows NT mitgearbeitet hatte. John Carmack war immer schon sehr offen mit id’s Spielen umgegangen. Für Doom hatte er diverse Editoren mitgeliefert und die Option ins Spiel implementiert, es durch Mods zu verändern. Was seine neue Quake-Engine an ging, gab er Gabe und Mike den Source-Code mit. Das Duo sah einander an und sagte: „Gut, ich schätze dann starten wir jetzt unsere eigene Spielefirma.“
So gründeten Gabe und Mike am 24. August 1996 in Kirkland, am östlichen Rand von Seattle, Valve L.L.C. Da ihre anderen Microsoft Kollegen mehr Interesse an Forschung als der Spieleprogrammierung hatten, sahen sich Gabe und Mike anderweitig nach fähigen Mitarbeitern um. Sie fanden diese in den ehemaligen Looking Glass Studios Mitarbeitern Chris Carollo, welcher am Physiksystem von Thief programmiert hatte, sowie Brian Jacobson, der an Flight Unlimited mitwirkte und in Form von zahlreichen Moddern wie John Guthrie (Quake Kart Mod), Dave Riller (Quake World), oder Steve Bond (QuakeC Demos).
Gabe und Mike finanzierten alles aus der eigenen Tasche und ihr erstes Ziel war es daher gewesen, nur genug Geld zusammenbekommen, um mehr als ein Spiel produzieren zu können. Radikale Neuerfindung eines Genres stand nicht auf dem Plan. Tatsächlich war die erste Version ihres mit Half-Life betitelten Shooters stinklangweilig. Ein simpler Corridor-Shooter mit Feinden, die aus ihren Verstecken sprangen. Denn sie hatten sich einfach an Doom orientiert, weil sie diesen Nervenkitzel und Horrorfaktor nachstellen wollten, den sie damals selbst erlebt hatten. Doch nach dieser ersten miesen Version, fingen sie noch mal ganz von Vorne an. Da sie Betriebssysteme und Produktivitätssoftware entwickelt hatten, war ihr erster Gedanke für die Spielwelt Büroräume. Sie setzten an jedes Gebiet eine Gruppe von Leuten und ließen diese die Areale mit unterschiedlichen Erfahrungen, Überraschungen und Herausforderungen füllen.
Es entstand die Black Mesa Forschungseinrichtung, wo Physiker Gordon Freeman zu spät zur Arbeit erschien und bei der Analyse eines ungewöhnlichen Materials im Massenspektrometer eine Resonanzkaskade erzeugte, die ein Portal in eine andere Dimension öffnete. Wodurch außerirdische Wesen vom Planeten Xen eindrangen, Marines versuchten sie einzudämmen und der Spieler als Gordon zwischen die Fronten geriet. Das Besondere an Half-Life war jedoch nicht die von Stephen King’s „Der Nebel“ und Outer Limits Borderland inspirierte Story, sondern die Erzählweise. Statt eine rudimentäre Geschichte durch Zwischensequenzen zu erzählen, wie z.B. in Duke Nukem 3D oder gar keine zu haben, wie Doom, erlebte der Spieler sie durch geskriptete Szenen aus der Ich-Perspektive. Wie das ein Außerirdischer die vor ihm liegende Tür einrammte, befreundete Wissenschaftler von Alines gefressen wurden oder ihm andere Leute einfach nur erzählten was sie den Tag über taten. Statt der Doom-typischen Level unterteilte sich Half-Life in Kapitel, welche die Welt bei Gordons Flucht wieder spiegelten. Dabei ging Valve ein großes Risiko ein, denn der Shooter begann ohne eine Waffe in der Hand des Spielers. Es dauerte stattliche 20 Minuten, bis er eine bekam. Allein deshalb rechnete Valve mit einer bedeutend kleineren Zielgruppe. Was es für das gänzlich unbekannte Team extrem schwierig machte einen Publisher zu finden. Die meisten glaubten, Valve hätte zu ambitionierte Ziele für einen 3D-Shooter. Glücklicherweise war Sierra On-Line bereits Jahre zuvor der Publishing-Deal mit id geplatzt und seit deren Durchbruch mit Doom versuchte Ken Williams verzweifelt ebenfalls ins Ego-Shooter-Business einzusteigen. So stimmte Sierra On-Line dem Half-Life Vertrieb in Rekordzeit zu.