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Westwood Studios – Ursprung und Sturz der Echtzeitstrategiespiele-Dynastie

by Pandur
Die Westwood Studios machten Filmvorlagen zu Videospielemeisterwerken, programmierten Klassiker in gleich drei Genres und erfanden sogar ein komplett neues Genre. Dennoch endete ihr Siegeszug abrupt. Was in über 20 Jahren Firmengeschichte geschah, erfahrt ihr in den nächsten Minuten.

Louis Castle wollte Architekt werden. Dafür studierte er Bildende Kunst an der University of Nevada und jobte nebenbei für einen Hungerlohn bei der Stadtverwaltung von Las Vegas. Von dem Ersparten kaufte Louis sich einen Apple II und entdeckte auf diese Weise, dass es viel einfacher war, seine Arbeit am Computer zu erledigen. Statt sein Architektur-Stipendium an der Arizona State University anzunehmen, entschloss Louis Programmieren zu lernen und nahm währenddessen einen neuen Job im Computerladen Century 23 an.
Brett Wesley Sperry war hingegen in Connecticut aufgewachsen. Hätte Louis weiter studiert, hätten sie sich vielleicht an der Arizona State University kennengelernt, wo Brett Psychologie und Architektur studierte. 1979 war er mit seinen Eltern nach Las Vegas gezogen, hatte sich selbst Programmieren beigebracht, bei Firmen wie iMagic und Epyx Erfahrung auf dem Gebiet gesammelt und war seitdem freiberuflich tätig.
Wie vor der Entstehung des Internets üblich, trafen sich gleichgesinnte Nerds damals an Orten, wo es möglichst viel Hard- und Software gab. Im Fall der örtlichen Apple-Fangemeinde war das Louis Century 23 Laden. Als Brett Sperry eines Tages einen Ausdruck brauchte, wandte er sich an Verkäufer Louis Castle, der ihn zu sich nach Hause einlud. Es entstand eine Freundschaft, die im März 1985 zur Gründung von Westwood Associates in der Garage von Louis Eltern, in einem Vorort von Las Vegas führte. Ein Name den das 21-jährige Duo wählte, weil sie so begeistert vom „entertainment meets professional“ Charakter Westwoods in Kalifornien waren. Und weil sie glaubten, für gute Produkte bräuchten sie ein Team, fügten sie „Associates“ hinzu, wie es Rechtanwälte oder Makler taten. Durch Bretts Programmiererfahrung und Kontakt zu Epyx wurde ihr erster Auftrag „Temple of Apshai“ für den Mac zu Konvertieren. Das Duo erledigte den Auftrag in einem Monat. Doch Epyx gefiel ihre erste Version nicht, da sie gegenüber dem Original in Echtzeit statt Runden ablief. Epyx war der Überzeugung sie könnten es Spielern nicht zumuten, komplizierte taktische Entscheidungen unter Zeitdruck zu treffen. Also mussten die beiden erneut Hand anlegen. Die 18.000 Dollar des Auftrages deckten gerade mal ihre Anschaffungskosten. Aber es folgten weitere Konvertierungsaufträge wie Winter Games, World Games und California Games. Sie gaukelten Epyx vor eine erfolgreiche Firma zu sein, in dem sie für einen Besuch ihres Epyx Auftraggebers Bob Lindsey die Suite eines Hotels anmieteten, die zufälligerweise mit einer Empfangsdame daher kam.

Ein Jahr nach Westwoods Firmengründung zogen sie den ersten Auftrag für SSI an Land. Strategic Simulations Inc. war damals überwiegend für ihre meist rundenbasierenden Kriegsspiele bekannt. Roadwar 2000 vom Apple II auf den C64 zu konvertieren wurde Westwoods erste SSI Aufgabe. Begeistert von ihrer Arbeit, überließ SSI Brett und Louis in direkter Folge die Entwicklung eines Questron Nachfolgers. Die Zusammenarbeit trug auf beiden Seiten Früchte. Denn 1987 vergab TSR zum ersten Mal die Dungeons & Dragons Lizenz an eine Videospielefirma. Um welche sich neben SSI auch Electronic Arts, Origin Systems und Sierra Online Systems beworben hatten. Statt TSR nur einen Spielvorschlag zu unterbreiten, wie es die Konkurrenz tat, preschte SSI mit dem Vorschlag voran eine ganze Reihe von D&D Rollenspielen zu entwickeln und demonstrierte ihr Können durch verschiedene Grafikdemos. Die Demonstration, welche TSR überzeugte SSI die Lizenz zu geben, kam laut Firmenchef Chuck Kroegel von den Westwood Associates.

Trotz dieser beeindruckenden Leistung beschränkte sich das Duo nicht nur auf SSI Produkte. 1988 versuchten sie sich mit Mars Saga für Electronic Arts zum ersten Mal an einem selbst erdachten Action-Strategiespiel. Abgestürzt auf dem Mars, sollte der Spieler sich mit Aufträgen Geld für den Weiterflug erarbeiten und entdeckte dabei eine Verschwörung zur Vertuschung von außerirdischem Leben.

Es folgten zwei Rundenbasierende BattleTech Strategiespiele für Infocom, bis sich das Duo auf D&D Rollenspiele für SSI einpendelte. Verglichen mit der SSI internen Goldbox Reihe, war Hillsfar ein eher ungewöhnliches Rollenspiel. Der Spieler durfte sich wie üblich einen Charakter aus den typischen D&D Völkern und Klassen erstellen. Was dann jedoch folgte war stark Arcade-lastig. Der Spieler musste bereits den ersten Ritt nach Hillsfar selbst bestreiten. Was bedeutete, in typischer Jump’n’Run Sidescroller-Manier mit dem Pferd über Büsche, umgefallene Bäume und Pfützen zu springen. In der Stadt wechselte das Spiel in eine Art Oben-Ansicht und beim Erkunden von Höhlen in eine Ich-Perspektive. Zudem mussten weitere Mini-Games wie Arena-Kämpfe oder Schlösserknacken absolviert werden. Hillsfar wurde 1989 mit über 78.000 verkauften Exemplaren der erste finanzielle Erfolg für Westwood Associates.

Mit dem folgenden DragonStrike erfüllte sich Louis einen Kindheitstraum. Er wollte schon seit seiner Schulzeit etwas zum Dragonlance Universum beitragen und verwirklichte diesen Wunsch in einem 3D-Drachenkampf-Simulator. Der Spieler steuerte einen mit Lanze bewaffneten Ritter auf dem Rücken eines Drachen. Er konnte zudem mit Klauen sowie dem Odem des Drachen angreifen und besaß eine magische Kugel, die als Radar fungierte. DragonStrike war das letzte Spiel, was Louis komplett allein programmierte. Seine 3D Engine berechnete Fraktalgelände in Echtzeit und das Bildkompressionsfahren des Spiels verwendete Louis später für die Videosequenzen von Command & Conquer wieder. Die Magazine lobten Dragonstrike für die wunderschöne VGA Grafik und das äußerst innovative Spielprinzip. SSI verkaufte 1990 34.000 Exemplare von DragonStrike.

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