Als drei Informatikstudenten in den 90ern ein Videospieleunternehmen gründeten, in dem zottelige Metal-Freaks Tabletop-Games und Street Fighter zockten, hätte wohl keiner vermutet, dass sie eines Tages das erfolgreichste MMO der Welt herausbringen würden. In 26 Jahren hat das Trio das Kopieren, Polieren und Balancen zur Perfektion getrieben. Dies ist die Geschichte von Blizzard Entertainment.
In der 6. Klasse bekam Michael Morhaime zusammen mit seinen Geschwistern ein Bally Professional Arcade Videospielesystem geschenkt. Michael entdeckte, dass sich darauf Spiele programmieren ließen, was er an Hand von Beispielen eines Spiele-Newsletters erlernte. Durch sein Elektrotechnik-Studium an der UCLA bekam er ein Praktikum bei einem Microchip-Hersteller in San Jose. Was ihn wiederum zu einem der besten Studenten in seinem Rechnerarchitekturkurs machte, wo er seinem Tischnachbar eines Tages einen Streich spielte. Als Allen Adham kurz zur Toilette ging, änderte Mike das Passwort dessen Computers. Doch als Allen Adham zurück kam, entsperrte er den Rechner problemlos. Mike fragte Allen wie er das gemacht hätte, doch Allen verstand nicht, was Mike meinte. Er hatte doch einfach sein normales Passwort “Joe” eingegeben.
Allen Adham war hingegen ein eingefleischter Programmierer. Er hatte bereits mit 14 Jahren damit begonnen und während seiner High School und College Zeit Spiele wie das Text-Adventure Gunslinger auf dem ZX Spectrum entwickelt. Nach seinem Bachlor Abschluss von der UCLA hatte sich Alan in den Kopf gesetzt das Hauptberuflich zu machen. Doch wollte er es nicht als namenloser Coder für irgendeine große Firma machen. So rief er Mike an, der mittlerweile bei Festplattenhersteller Western Digital arbeitete und bat ihn, seinen Job aufzugeben, um gemeinsam eine Firma zu gründen. Ebenso fragte er Frank Pearce, den er hauptsächlich vom Schwänzen des Künstliche Intelligenz Kurses an der Uni kannte. So lernten sich Mike und Frank am 8. Februar 1991 kennen, als sie zusammen mit Alan Silicon & Synapse gründeten.
Sie begannen mit Auftragsarbeiten in Form von Portierungen von Interplay Spielen. Meist programmierte einer von ihnen ein komplettes Spiel neu. Ihre ersten Titel waren The Lord of the Rings Vol.1 von PC auf Amiga und Battle Chess 1 & 2 auf Windows zu konvertieren. Was ihnen eine Menge Wissen über den Game-Code anderer einbrachte. Interplays Mit-Gründer Bill Heineman hatte zu der Zeit das Sluggo Development System entwickelt, was es ermöglichte Super Nintendo Module zu programmieren. Mit diesem schufen sie gemeinsam eine hochauflösendere Version von Electronic Arts Racing Destruction Set. Interplay modellierte die 3D Modelle und Allen stellte innerhalb von fünf Monaten den Code fertig. Es wurde als RPM Racing Interplay’s erstes Super Nintendo Spiel. Mit diesen kleinen Erfolgen, stellte das Trio ihre ersten Mitarbeiter ein: Zeichner Samwise Didier, 3D Künstler Joeray Hall, Designer Ron Millar, Programmierer Bob Fitch und einen Haufen weiterer D&D Geeks und Metal Freaks.
Interplay war damals extrem darauf fokussiert den Konsolenmarkt zu erobern. Angetrieben vom RPM Racing Erfolg durfte Silicon & Synapse einen eigenen Spielvorschlag einreichen. Mike veranstaltete einen internen Konzept-Wettbewerb und Ron Millars Idee, Pysgnosis Millionenseller Lemmings mit skandinavischen Wikingern zu kombinieren, gewann. Im ersten Schritt hatten sie hundert verschiedene kleine Wikinger mit unterschiedlichen Fähigkeiten programmiert, aber die ließen sich nicht mit dem Nintendo Gamepad vereinen. Also verkleinerten sie die Anzahl zunächst auf Schildträger, Schwertkämpfer, Bogenschütze, Läufer sowie Berserker. Einige Wochen später waren es nur noch drei, Lost Vikings.
Das Team benutzte den Vorwand von Zeitreise, um exotische Gebiete wie Ägypten, den Weltraum oder Wacky World zu erklären. Einfach nur weil sie optisch unterschiedliche Level entwerfen wollten. Hinzu kamen äußerst abgedrehte Fähigkeiten wie, dass Olaf sich durch einen Raum furzen konnte. Eine Geschichte gab es dazu nicht wirklich. Lediglich das Intro schilderte, wie die drei Vikinger Erik, Baleog und Olaf eines Nachts von Tomator für seinen intergalaktischen Zoo gekidnapped wurden. Ihnen gelang die Flucht, doch das ließ sie nur zu besagten bizzaren Orten reisen. Jeder des Trios hatte andere Fähigkeiten und nur durch geschickten abwechselnden Einsatz dieser, konnte das Levelende erreicht werden. Erik konnte Rennen, Springen und mit seinem Helm durch Wände brechen. Baleog wedelte mit seinem Schwert oder verschoss Pfeile und Olaf konnte mit seinem Schild blocken, gleiten oder kletterhilfe leisten. Das völlig unvorhergesehene Nebenprodukt dieser Mechanik war, dass es gänzlich natürlich eine Mehrspielerfunktion ermöglichte. Ideal für Freunde, die gemeinsam an den Super Nintendo Pads saßen. Silicon & Synapse brauchte 11 Monate um Lost Vikings auf dem SNES fertigzustellen und weitere sechs für die Mega Drive Version. Es verkaufte sich zwar nicht so gut wie Rare’s Donkey Kong Country, aber es machte Silicon & Synapse zum Nintendo Entwickler des Jahres 1993.
Für ihren nächsten Titel, Rock’n’Roll Racing, peppten sie ihr erstes RPM Racing auf. Während das erste Spiel mehr eine Karerabahn war, kämpften nun in vier Runden zahlreiche KI Kontrollierte Kontrahenten miteinander. Sie fügten Alienschiffe Raketen und Laser ein und versahen das Spiel, wie der Titel vermuten lässt, mit fetziger Rock’n’Roll Musik. Was erstanlicherweise vorher noch keiner gemacht hatte. Rock’n’Roll Racing wurde sogar von Electronic Gaming Monthly zum Rennspiel 1993 gewählt.
Trotz des Fortschritts ihrer Firma hatten das Trio Probleme die Gehälter ihrer Mitarbeiter zu zahlen. Das diese überhaupt Geld bekamen, lag daran dass die Drei ihre privaten Kreditkarten belasteten und ihre Eltern um Geld anpumpten. Als alles ausgeschöpft war, sahen sie sich gezwungen ihre Firma zu verkaufen. Zur Auswahl standen ihr Publisher Interplay sowie Davidson & Associates, eine Lernsoftware-Firma, für die sie Kid Works 2 auf Windows konvertiert hatten. Obwohl beide Angebote verlockend klangen, entschieden sich Mike und Alan am Ende ihre Firma für 10 Millionen Dollar an Davidson zu verkaufen, weil diese gewillt waren den Vertrieb zu übernehmen ohne sich ins Tagesgeschäft der Spiele einzumischen. In Zuge dessen entschieden sie gleichzeitig den Firmennamen zu ändern. Silicon sollte der Grundstein jedes Computers und Synapse der Grundstein des menschlichen Gehirns sein und somit eigentlich für Technologie und Kreativität stehen. Doch im Verlauf der letzten Jahre, fragte jeder nur ob sie Brustimplantate herstellen würden? Das Trio wählte zunächst Chaos Studios, weil es so gut ihren Entwicklungsprozess beschrieb, dachten dann an Ogre Studios sowie Midnight Studios und landeten am Ende beim seriöseren Blizzard Entertainment. Mit besserem finanziellen Hintergrund konnten sie weitere Mitarbeiter wie Chris Metzen einstellen und sich auch gleichzeitig mehreren Spielen widmen.