Bei dem Namen Electronic Arts denken die Meisten vermutlich an jährlich neu erscheinende Spielereihen mit minimalen Unterschieden zum Vorgänger, halbgare Spiele, die viel zu früh veröffentlicht wurden oder Online-Games mit horrenden Microtransactions. Tatsächlich wurde Electronic Arts 2012 zur übelsten Firma Amerikas gewählt. Aber lange vor all diesen Eskapaden, begann die Firma 1982 mit sehr guten Ideen und wie üblich war dieser Anfang mal wieder auf eine Person zurückzuführen: Trip Hawkins
1953 in Pasadena Kalifornien geboren, war William Murray Hawkins III im richtigen Alter, als die große Welle der Brettspiele begann. Die Avalon Hill Wargames hatten ihn angesprochen, aber was Trip Hawkins wirklich begeisterte war Strat-O-Matic Pro Football. Als riesiger Football Fan liebte Trip die Idee, eine Mannschaft Spiel für Spiel durch eine komplette NFL Saison zu führen. Trips Freunde hingegen waren alles andere als angetan von den komplizierten Regeln des Spiels. Als Trip 1971 seinen ersten Computer, einen DEC PDP-8, sah, kam ihm daher die geniale Idee, diesen alle langweiligen Sachen handhaben zu lassen. Er designte mit 20 Jahren ein von Strat-O-Matic inspiriertes Football Spiel und verkaufte es. Lange bevor tausende Spielautomaten in den folgenden Jahren Jugendliche in die Spielhallen locken würden. Sein Vorhaben blieb jedoch ohne nennenswerten Erfolg.
Stattdessen begann Trip zu studieren und wurde zu einer der ersten Personen, die in Harvard jemals einen Abschluss in „Strategy and Applied Game Theory“ erlangten. Als 1975 der erste Mikroprozessor erschien, schätzte Trip die Entwicklung der Mikrocomputer so ein, dass 1982 der perfekte Moment wäre, um seine Idee einer Home-Computer-Entertainment-Company erneut zu versuchen. In der Zwischenzeit machte er einen MBA Abschluss in Stanford und fand einen Job bei Steve Jobs kleiner Firma. Tatsächlich spielte Trip dort eine wichtige Rolle beim Lisa Projekt. Dem ersten Personal Computer mit einer grafischen Benutzeroberfläche und Maussteuerung. Was ihn Ende 1980 bereits zum Millionär machte. Mit derart viel Geld in der Tasche und einer Stelle als Marketing Leiter von Apple hätte man es Trip verzeihen können, wenn er seinen Traum der Spielefirma verworfen hätte. Aber das tat er nicht. Er beobachtete die Entwicklung von On-Line Systems sowie Broderbund und kehrte Apple Anfang 1982 den Rücken. Am 28. Mai 1982 gründete Trip Hawkins seine Firma, von der er nun zehn Jahre geträumt hatte: Amazin‘ Software.
Trotz seines privaten Vermögens, brauchte Trip für seinen Plan deutlich mehr Kapital. Das bekam er durch Don Valentine, der bereits andere Silicon Valley Firmen wie eben Apple oder Atari mitfinanziert hatte. Nachdem Trip einige Zeit von Zuhause und von Dons Büro aus gearbeitet hatte, zog er in ein geräumiges dreistöckiges Gebäude in San Mateo, Kalifornien. Wo seine Firma die nächsten fünfzehn Jahre verweilen würde. Dort sammelte er ein Team von Ex-IBM und Ex-Apple Mitarbeitern wie Dave Evans, Pat Marriott oder Joe Ybarra, Werbeikone Bing Gordon und sogar Apples Mitgründer Steve Wozniak zusammen. Wobei Woz lediglich zum Aufsichtsrat zählte.
Was all diese Leute überzeugte zu Trip Hawkins zu kommen, war sein neuer Ansatz für Computerspiele. Denn zu der Zeit waren Computerspiele Disketten in Frischhaltebeuteln mit Tippfehler übersäten Handbüchern und kryptischen Benutzeroberflächen. Trip wollte aus diesem Hobby mäßig aussehenden Artikeln ein echtes Geschäft machen. Seine Spiele sollten auf gewöhnliche Leute zugeschnitten sein und ansprechend aussehen, wie Bücher oder Schallplatten. Er wollte sie wie Kunstwerke preisen und ihre Schöpfer zelebrieren. Weshalb er seine Firma auch im Oktober 1982 in Electronic Arts umbenannte. Viele seiner Ideen leitete er vom Lisa Projekt ab. Das Interface der EA Spiele sollte so simpel wie möglich und so gut es ging mit rein optischen Hinweisen gespickt sein. Es sollten keine kryptischen Tastenkombinationen nötig sein und der Spieler müsse kein Handbuch lesen.
Während Trips Design-Ziel gut war, gab es da natürlich das Problem, dass er Designer finden musste, die tatsächlich in der Lage waren solche Spiele zu produzieren. Also begann er eine Liste von Entwicklern zu verfassen, deren Werke ihn beeindruckt hatten und trat mit ihnen in Kontakt. Um sie zu überzeugen, bot er den Entwicklern nicht nur sehr großzügige Beteiligungen an, sondern versprach ihnen ebenfalls, sie würden sich nur um das kümmern müssen, was sie am besten konnten: Spiele programmieren. Jedem Entwickler oder Entwicklerteam wurde von EA ein Produzent zur Seite gestellt, der sich um sämtlichen langweiligen und bürokratischen Sachen kümmerte. Handbücher schreiben, Koordination mit Verpackungsfirmen, Kopierschutz Integration, Software-Tests, Portierungen auf andere Systeme und natürlich das gesamte Marketing. Auf lange Sicht versprach Trip ihnen außerdem Zugriff auf In-House Entwickler-Werkzeuge und Workstations, um Video- und Audio-Inhalte zu produzieren. Trip hielt an seinem Vorsatz fest, dass die Programmierer Künstler waren und als solche gefeiert werden sollten. Als Electronic Arts im Juni 1983 die ersten sieben Spiele auslieferte, wurden sie von einer großen Werbekampagne begleitet, die EAs Entwickler in Posen zeigte, wie es sonst nur das Rolling Stone Magazin machte.
Bill Budge war einer dieser Rockstars oder besser „Electronic Artists“. Er war damals DAS Grafik-Genie des Apple II. Bill hatte auf dem Apple Computer Steve Woszniaks Breakout geklont. Nur das Bills Version deutlich flüssiger und schneller lief. Anschließend hatte er Bill Budge’s 3-D Graphics System programmiert, was ihm einen Job bei Apple eingebracht hatte. Parallel dazu schrieb er weiter aktuelle Hits aus der Spielhalle auf seinem Apple um und vermarktete sie über California Pacific. Das gleiche kalifornische Unternehmen, was damals ebenso Richard Garriotts Akalabeth und Ultima vertrieb. Für Bills Verfeinerung der Breakout Routinen zum Flipper Simulator Raster Blaster, gründete er seine eigene Firma BudgeCo. Raster Blaster brachte BudgeCo einen gelungenen Start in der Videospiele-Industrie ein. BudgeCo’s zweites Produkt, das Pinball Construction Set, war ebenso brillant. Der Benutzer konnte sich aus 15 verschiedenen Teilen seinen eigenen Flipper zusammenbauen, Gravitationsstärke bestimmen, es als eigenständiges Spiel abspeichern und so mit Freunden teilen. Das alles gelang Bill mit gerade mal 48-KB Arbeitsspeicher. Apple-Mitgründer Steve Wozniak bezeichnete es als „das beste Programm was jemals für einen 8-Bit Computer geschrieben wurde“. Doch in Punkto Umsatz war das Pinball Construction Set 1982 eine Enttäuschung. Deshalb ließ sich Bill recht leicht von Trip Hawkins und Steve Wozniak überreden, sein Pinball Construction Set über EA erneut zu veröffentlichen.
Was das Electronic Artist Image an ging, war Bill Budge für EA die Idealfigur. Nicht nur wegen seiner kalifornischen Herkunft, die jedermann mit dem typischen Surfer-Boy verband, sondern ebenso wegen seiner vorbildlichen Laufbahn. Als Bill dann fürs Shooting mit Rockstar-Fotograf Norman Seeff auch noch mit Lederhandschuhen aufkreuzte, war EAs Bild des rebellischen Punk Rockers, der aus dem Apple Team geworfen worden war, komplett. Mit EAs PR-Kampagne gab Bill nicht nur Autogramme in Computergeschäften oder Macy’s in New York, er demonstrierte sein Pinball Construction Set ebenso im Fernsehen bei CBS, erschien auf dem Cover des Wall Street Journals und wurde in einem Esquire Magazin Artikel zusammen mit Trip Hawkins aufgeführt. Electronic Arts verkaufte letztlich, auf sämtlichen Plattformen zusammen, mehr als 300.000 Exemplare vom Pinball Construction Set. Bill führte seine Flipper-Programmierung viele Jahre später mit Virtual Pinball fort, aber für Electronic Arts begann mit diesem Werk eine lange und erfolgreiche Reihe von „Construction Sets“.