In den 80ern erfand ein 20-jähriger Texaner ein Geschäftsmodell, das Spielkäufe auf dem Erdball veränderte. Es machte digitale Verkäufe über das Netz spielend einfach. Der Texaner nannte sein Meisterwerk das Apogee-Model. Er verdiente Millionen damit. Dies ist die Geschichte von Apogee Software.
Als Sohn des NASA Ingenieurs Boyd Miller, reiste Scott in seinen jungen Jahren um die Welt. Mit dem Ende des Apollo Programms 1972, zog Familie Miller von Cape Canaveral Florida in das Outback Australiens, wo Vater Boyd an einem streng geheimen Spionageasteliten arbeitete. In der dortigen Schule kam Sohn Scott 1975 in Kontakt mit dem seiner Meinung nach ersten Computer der Welt, einem Wang 2200. Als Scott hörte, man könne damit spielen, war er hellauf begeistert. Er begann auf dem Greenscreen Basic zu programmieren. Seine Begeisterung ging soweit, dass er Tagsüber in der Schule ein Fenster unverschlossen ließ, um des Nachts wieder hineinzuschleichen und Spiele zu schreiben. Kurz vor Scotts Highschool-Abschluss zogen die Millers zurück in die USA. Dieses Mal nach Texas, selbstverständlich in die Nähe des Houston Space Centers. Der Highschool Computer-Kurs machte Scott Miller und George Broussard zu besten Freunden. Nach ihrem Abschluss nahmen sie gemeinsam Jobs in der lokalen Spielhalle, The Twilight Zone, an. Das Duo dominierte in der Freizeit sämtliche Highscore Listen. Kein Automat war vor ihnen sicher. Sie gewannen Turniere und sackten Preisgelder ein. Gemeinsam beschlossen sie, ein Buch zu schreiben, wie man Spielautomaten besiegte. Aber in den sechs Monaten, die sie zur Vollendung brauchten, erschienen mehrere andere Werke zum gleichen Thema und so fand ihr Buch wenig Anklang. Die Schreibarbeit brachte Scott jedoch einen neuen Job bei den „Dallas Morning News“ ein. In seiner zunächst wöchentlichen „Computer Fun“ Kolumne, berichtete Scott erst über Spielautomaten und innerhalb seiner vierjährigen Zeitungskarriere über sämtliche Systeme bis hin zum C64 und Amiga. Scott gelangte dabei auf die Kontaktlisten sämtlicher namenhafter Firmen: Broderbund, Epyx, Electronic Arts, Infocom usw. Derartige Jobs hatte er eigentlich für neben dem Studium geplant. Aber seine zehn Jahre an der University of Dallas ließen sich eher als eine On-Off-Beziehung beschreiben. Er schaffte grade mal die Grundkurse zu absolvieren. Dafür leistete er sich von den Einnahmen jedoch einen der frühen IBM PCs samt CGA Grafikkarte und lernte daran Turbo Pascal zu programmieren.
1985 entstand so Beyond the Titanic, ein Text-Adventure im Infocom Stil, bei dem der Spieler zunächst von der Titanic entkommen musste, bevor sie unterging und dann ein Zeitreise-Abenteuer durchlebte, was ihn in verlassene futuristische Städte führte. Scott verschickte das Spiel an sämtliche Kontakte. Aber die großen Publisher waren an grafisch anspruchslosen Text-Adventures nicht interessiert. Deshalb verkaufte Scott Beyond the Titanic, Supernova und ein paar weitere frühe Werke für 500 Dollar das Stück an Magazine wie „Big Blue Disk“, „I.B.Magazette“ und „Softdisk“. Sechs Monate später kamen die Rechte der Spiele zu ihm zurück und so fragte er sich, wie er mehr Geld damit verdienen könne. Selbst Hardcopies der Spiele samt Handbüchern anzufertigen und zu verschicken, schien Scott zu kostenintensiv. Deshalb schaute er sich in den Bulletin Board Systems der Pre-Internet-Ära um. Über diese boten unzählige Programmierer ihre Software als „Shareware“ an. D.h. sie stellten das volle Produkt umsonst zur Verfügung und baten gleichzeitig um freiwillige Spenden. Was normale Software wie Textverarbeitungs- oder Datenbankprogramme an ging, funktionierte das Konzept super. Die Entwickler erhielten tatsächlich Spenden. Aber für Shareware Spiele wollte kaum jemand zahlen. Scott war jedoch überzeugt, dass das Problem im Shareware-Konzept an sich lag. Statt Spiele komplett zu veröffentlichen, wie die offizielle „Association of Shareware Professionals“ es vorschrieb, zerlegte Scott seine Spiele in Episoden. Aus Kroz machte er 1989 Kingdom of Kroz, welches er kostenlos in sämtliche BBS hochlud, sowie Caverns of Kroz und Dungeons of Kroz. Letztere bewarb Scott am Ende von Kingdom of Kroz als kostenpflichtige Fortsetzungen der Gesamtgeschichte. So trudelten täglich 100 oder 200 Dollar bei ihm ein und er wurde sein eigenen Publisher.
Der ersten Kroz Trilogie ließ Scott 1990 eine zweite folgen, was seine Einnahmen bereits auf 2.000 Dollar die Woche steigerte. Von da an versuchte er andere Programmierer in den BBS und CompuServe Foren von seinem „Apogee Modell“ zu überzeugen. Manche kopierten es einfach, wie beispielsweise sein Freund George. Dieser gründete parallel seine eigene Shareware Firma Micro F/X Software und veröffentlichte darüber Trivia Whiz, Pharaoh’s Tomb sowie ein Star Trek: The next Generation Quiz als Shareware. Todd Replogle aus Soquel, Kalifornien war der erste Programmierer den Scott vom Apogee Modell überzeugen konnte. Seine Thor Trilogie war grafisch ähnlich anspruchslos wie Kingdom of Kroz, jedoch mehr Action-orientiert. Es kann am ehesten mit Ataris Gauntlet verglichen werden und schickte den Spieler in den Caves of Thor auf die Suche nach drei verschollenen Gegenständen. Wie bei Kroz lud Scott die erste Episode Caves of Thor kostenlos in die Bulletin Boards hoch und verkaufte anschließend Realm of Thor sowie Thor’s Revenge. Am Ende des Jahres verdiente Apogee bereits 100.000$.
An dem Punkt realisierte Scott zwei Dinge. Zum ersten war er am Limit seiner eigenen Programmierleistung angelangt, sowohl was den technischen Hintergrund als auch den Zeitaufwand anging. Zum anderen brauchte er seinen normalen 40-Stunden Job nicht mehr. Wenn er weitere Programmierer finden würde, hätte er ein gängiges Geschäftsmodell. In Gedenken an die Geschichten seines Vaters, nannte Scott seine 1990 noch aus der eigenen Wohnung betriebene Firma: Apogee Software Productions. Während viele Wörterbücher Apogee schlichtweg mit Höhepunkt übersetzen, beschreibt es tatsächlich den größten Abstand eines Satelliten zum Mittelpunkt der Erde.