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Sierra On-Line – Ken und Roberta Williams‘ Grafik-Adventures

by Pandur
Vom Anfang der 80er bis in die späten 90er war Sierra On-Line die branchenführende, revolutionäre Firma, die einige der bahnbrechenden und wegweisenden Adventures aller Zeiten produzierte. Kombinationen aus innovativen Grafiken, tiefschürfenden Geschichten, anschaulichen Charakteren und herausfordernder Rätseln definierten ihre Werke. Roberta Williams erschuf das Flaggschiff ihrer Spielereihen: King’s Quest. Was die erfolgreichste Adventure Reihe der Welt wurde. Ihr Mann Ken führte das Unternehmen, bis er es für über eine Milliarde US Dollar verkaufte. Dies ist die Geschichte von Sierra On-Line.

Bereits mit 16 verliebte sich Ken Williams in Roberta Heuer. Es dauerte gerade mal zwei Jahre, bis die beiden 1972 heirateten und gut ein halbes Jahr später wurde Roberta bereits schwanger. Ken, rasselte zu dem Zeitpunkt gerade durch sein Physik-Studium an der California Polytechnic Pomona University. Es war klar, dass Physik doch nichts für ihn war. Mit einem 1.500$ Studentendarlehen, für das sein Schwiegervater mit unterschrieb, absolvierte Ken einen neunmonatigen Kurs am Control Data Institute. An den monströsen Mainframe Computern entdeckte Ken sein Talent für die Programmierung. Die folgenden sieben Jahre arbeitete er für die verschiedensten Computerfirmen, von groß bis klein. Mit jedem Firmenwechsel stieg sein Gehalt und letztlich eröffnete er seine eigene Firma namens On-Line Systems. Es war ein Ein-Mann-Betrieb, mit welchem Ken überwiegend andere Firmen beim Aufbau von Online Netzwerken beriet.

Im Gegensatz zu Trip Hawkins, der die Entwicklung der ersten Micro-Computer penibel beobachtete, um zu diagnostizieren, wann der idealste Zeitpunkt für eine Videospielfirma sei, ignorierte sie Ken während seiner Angestelltenlaufbahn komplett. Die kleinen Dinger konnten es schließlich nicht mit seinen geliebten Mainframes aufnehmen. Aber gerade als er sich selbstständig gemacht hatte, erschien im Januar 1980 der TRS-80 und damit eröffnete sich für Ken die Möglichkeit Software zu schreiben. Doch statt dem TRS-80 griff sich Ken einen Leistungsstärkeren Apple II. Programmierung auf dem Apple II war zu dem Zeitpunkt nur in zwei Sprachen möglich: dem leicht zu erlernenden aber schlecht zu strukturierenden BASIC oder Assembler. Zweitere erlaubte vollen Hardware-Zugriff, war aber ein Programmieralbtraum. Da es auf dem gesamten Softwaremarkt nur eine andere kleine Firma namens Microsoft gab, die sich um die Entwicklung von Programmiersprachen kümmerte, fasste Ken den Entschluss FORTRAN für den Apple II zu entwickeln.

Als Ken eines Abends an einem seiner Programmieraufträge arbeitete und per Terminal mit dem MIT Mainframe verbunden war, entdeckte er darauf ein Computerspiel. Es hieß Colossal Cave Adventure und bestand rein aus Text. Es begann mit den Worten „Du stehst am Ende einer Straße, vor einem Brunnen. Was möchtest du machen?“ Er zeigte es seiner Frau, die davon noch mehr als er gefesselt war. Sie blieb die ganze Nacht wach, bis sie es durch hatte. Eine Woche später lud Roberta ihn zum essen ein und überredete Ken dabei seinen FORTRAN Compiler aufzugeben. Stattdessen sollte er ein Spiel namens Mystery House programmieren, an dem sie schon die ganze Woche arbeitete. Roberta hatte dazu Agatha Christie’s Roman „Und dann gabs keines mehr“ sowie das Brettspiel Cluedo vermischt. Obwohl das Spielkonzept innovativ war, überzeugte es Ken kaum sein Fortran aufzugeben. Seiner Meinung nach mussten Spiele einen Wow-Effekt haben und der musste sofort erkennbar sein. Aber es ließ Ken zumindest den wenig existenten Computerspielemarkt beobachten und feststellen, dass Leute wie Scott Adams mit Adventure International gutes Geld verdienten. Dann sprang der Funke plötzlich über. Ken fand seinen Wow-Effekt. Er überlegte den Hi-Res Modus des Apple II zu verwenden, um Bilder mit Texten zu verbinden!
Das erste Problem an der Idee war, dass weder er noch Roberta gut zeichnen konnten. Das zweite war der Mangel an geeigneten Eingabegeräten. Denn 1980 gab es noch keine Mäuse. Die Paddles des Apple II waren zwar einem Joystick ähnlich, aber selbst dieser wäre ungeeignet zum malen gewesen. Mal ganz davon abgesehen, dass Malprogramme genauso Mangelware waren. Ken kaufte deshalb für 200$ einen VersaWriter, eine Art Zeichenbrett zum Erzeugen von Flussdiagrammen, Schaltungen und dergleichen. Damit rissen ihre Probleme jedoch noch nicht ab. Diskettenplatz war die nächste Hürde. Egal wie rudimentär ihre Bilder würden, wäre der Speicherplatz enorm und würde bei den geplanten 30 Bildern mehrere Disketten einnehmen. Kens Lösung wurde es, die Grafiken über Zeichenbefehle generieren zu lassen. Bei der Hi-Res Auflösung des Apple II von 280×192 Pixel und drei Bits Speicherverbrauch pro Pixel, wäre mit einem Bild bereits der halbe Arbeitsspeicher gefüllt. Weshalb Ken stattdessen die simpelsten Linienfunktionen des Apple II benutzte. Ohne zu sehr den technischen Hintergrund erklären zu müssen, sei erwähnt, dass vertikale Linien doppelt gezeichnet werden mussten, um weiß zu werden. Weshalb die Mystery House Grafiken, statt schwarz/weiß auch noch violett und grün enthielten. Denn so sparte Ken schlichtweg Speicher. Wie auch immer entstand auf diese Weise das allererste Grafik-Adventure. Möglicherweise mag jemand argumentieren, dass es sich hierbei kaum um ein Grafik-Adventure handelte, weil keinerlei Interaktion mit der Grafik bestand. Aber gerade das ermöglichte Kens Grafikgenerierung. Denn die Mystery House Räume enthielten Gegenstände, welche der Spieler in sein Inventar stecken konnte und daraufhin vom Bildschirm verschwanden. Ebenso konnten sie in einem anderen Raum wieder abgelegt werden. Auch wenn die Grafik zugegebenermaßen aussah, als hätte sie ein Kleinkind gezeichnet, war die Technik für die damalige Zeit revolutionär.
Abgesehen von Kens Programmiertechnik, war Mystery House kein wirklich gutes Spiel. Richtungsangaben waren schwierig, weil oben nicht immer Norden entsprach und das größte Puzzle des Spiels, war einen Schrank in der Küche zu verschieben. Aber wie es mit revolutionären Ideen so ist, sie verkaufen sich recht gut. Und das selbst, obwohl Ken und Roberta es in einem Frischhaltebeutel anboten und das Beilageblatt, in Ermanglung eines Druckers, wie eine Lösegeldforderung aussah. Innerhalb von sechs Monaten verkaufte das Paar mehr als 3.000 Kopien, was ihnen gut 75.000$ einbrachte. Die Mystery House Verkäufe sollten in den Folgemonaten noch auf über 10.000 Exemplare steigen. Ken und Roberta verkauften ihr Haus, er kündigte sämtliche Aufträge seiner bisherigen Firma und beide zogen in ein kleines Holzhaus nahe des Yosemite Nationparks, um dort ungestört Spiele entwickeln zu können und sich von der Natur inspirieren zu lassen. Das neue Panorama war es, was sie den Firmennamen von On-Line Systems auf Sierra On-Line wechseln ließ.

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