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Origin Systems – Richard Garriotts Ultima und die Evolution der Rollenspiele

by Pandur

Lange vor den Heimcomputern und sogar vor den ersten Dungeons & Dragons Abenteuern, als Richard Garriott noch ein kleiner Junge war, kam er beim trick or treating zu einem Nachbarhaus. Die Dame hatte den Eingangsbereich ihres Hauses für Halloween zu einer Hexenhütte umgebaut. Richard musste an unzähligen elektrischen Geräten vorbei, die Spannungsbögen abgaben, um der verkleideten Hexe die begehrten Süßigkeiten zu entlocken. Es war die furchteinflößenste Dekoration und das gleichzeitig prägendste Ereignis seiner Kindheit. Dieses Äquivalent einer virtuellen Welt inspirierte Richard in den Folgejahren zu unzähligen eigenen Halloween Dekorationen und ebenso zur Programmierung von Computer-Rollenspielen. Was eines Tages zur Gründung von Origin Systems führte.

1961 in Cambridge geboren, wuchs Richard Garriot im Clear Lake Außenposten der NASA, nahe des Johnson Space Center von Houston Texas auf. Die NASA hatte Richards Vater, Owen Roberts, 1973 für die Skylab 3 Mission ausgewählt. Die zweite Mission zu Amerikas erster Raumstation. Owen lehrte zuvor elektrische Energietechnik in Stanford und war mit 33 Jahren NASAs Aufruf nach Wissenschaftlern gefolgt. Seine 60-tägige Mission verfolgten Richard und seine drei Geschwister per Funk. Richards Mutter, Helen, war hingegen Künstlerin. Sie lehrte Richard Malerei, Poesie und in einem Sommer sogar, wie er einen Springbrunnen baute und Silber goss. Ab diesem elften Lebensjahr trug Richard eine selbstgemachte Silberschlangen-Halskette.

Durch die Verbindung zur NASA erhielt Richard schon in jungen Jahren Zugriff auf, für damalige Verhältnisse, fortschrittliche Technik. Die Clear Creek High School hatte einen Teletype Terminal mit Verbindung zum CDC Cyber mainframe. An welchem Richard im Sommer 1974 programmieren lernte. Helen griff das Interesse ihres Sohnes auf und schrieb ihn für ein siebenwöchiges Computer-Camp an der Univerity of Oklahoma ein. Wo ihn seine Mitschüler wegen seiner „Hello“ statt „Hi“ Begrüssung von der ersten Minute an mit „Lord British“ titulierten. In den 70ern aufwachsend, wurde Richard in die Welt von TSR’s Dungeons & Dragons gesaugt und Lord British wandelte sich zum Namen seines D&D Charakters. Angetrieben von seinen ersten D&D Abenteuern als Spielleiter, fand Richard die Inspiration virtuelle Fantasy Welten zu programmieren. Im Junior Year seiner High School bat Richard seinem Mathelehrer und den Schulleiter darum, BASIC als seine Fremdsprache anzuerkennen. Es gab keinen Lehrer, der ihn darin beurteilen konnte. Seine selbsterdachte Aufgabe wurde es stattdessen, bis zum Ende des Semesters ein Fantasy Computer-Spiel auf dem Schulcomputer zu programmieren. Um eine gute Note zu erhalten, musste Richard somit lediglich ein funktionierendes Spiel abliefern.

Richard verbrachte die nächsten zwei Jahre damit weitere D&D Abenteuer in BASIC an dem Terminal zu schreiben. Das war keine leichte Aufgabe, denn der Terminal hatte nicht mal einen Bildschirm. Richard schrieb den Code handschriftlich in einem Heft vor und gab ihn anschließend fein säuberlich auf einer Schreibmaschinenähnlichen Tastatur ein, wodurch er ein Lochkartenband erhielt. Das ließ sich per Lochkartenleser in den Computer einlesen. Jeder Tippfehler oder jegliche Verbesserung bedeutete den gesamten Quellcode von Vorne eingeben zu müssen. Im letzten Jahr seiner High School Zeit übernahm Richard bereits die Lehrerrolle im Programmieren-Kurs. Am ersten Tag dieser Klasse schrieb er DND1, einen Dungeon Crawler mit Monstern und Schatztruhen. Da Teletypes keine Grafiken darstellen konnten, bestand das Spiel lediglich aus Buchstaben für Monster und Schätze.

Als Richard an der University of Texas anfing, war er beim DND28 Abenteuer angelangt. Um sich etwas Geld zu verdienen, arbeitete er neben seinem Studium bei ComputerLand. Einer Kette, die Personal Computer verkauften. Da sein Zugriff auf den Apple II jedoch auf Job und Uni beschränkt waren, bat er seinen Vater Owen ihn zu unterstützen. Natürlich stimmte sein Vater nicht bereitwillig zu. Owen erkannte aber die Komplexität der Programme, die sich Richard ausdenken musste. Er willigte ein die Hälfte des Computers zu bezahlen, wenn es Richard gelänge die neuste und komplizierteste D&D Version spielbar und ohne Bugs zu programmieren. Der Computer mit einem Farbdisplay und Kassettenlaufwerk, wo Richard sogar im Speicher editieren konnte, war ein Traum! Neben seiner eigenen Programmierung in AppleSoft BASIC, erkundete Richard die Welt der Apple II Software. Labyrinth-Spiele, bei denen der Spieler einen Weg hinaus finden musste, waren zu der Zeit extrem angesagt. Neben der typischen Draufsicht fand Richard eines namens Escape! von Silas Warner, welches das Labyrinth dreidimensional von innen zeigte. Richard realisierte, dass er ein solches Dungeon gänzlich zufällig generieren lassen konnte. Für die Apple II Portierung seines DND28 Spiels, programmierte er diese 3D Dungeons mit rein. Abgesehen von Escape waren die 3D Dungeons eine revolutionäre Erneuerung für Rollenspiele. 3D Grafiken verwendete damals sonst nur Bruce Artwick’s Flight Simulator.
Bei den Grafiken für DND28B half ihm sein Freund aus der Nachbarschaft Keith Zabalaoui. Das 22 KB BASIC Programm fragte den Spieler zunächst nach seiner Glückszahl. Diese Zahl diente als Basis für sämtliche Zufallsberechnungen und legte somit sowohl die Attribute des Spielercharakters, als auch die Wildnis und Dungeon-Karten fest. Die Zahl garantierte immer das gleiche Spiel, was einen hohen Wiederspielwert erzeugte, den kaum ein anderes Spiel bot. Für Richard löste es aber in erster Linie das Disketten-Speicher-Problem, da er keine aufwändigen Dungeon-Layouts etc. speichern musste, sondern lediglich den Zufallsgenerator-Code. Der wahlweise Krieger oder Magier Charakter bestand D&D typisch aus Trefferpunkten, Stärke, Geschicklichkeit, Ausdauer, Weisheit sowie Gold und begann sein Abenteuer in einem Geschäft. Ähnlich wie es bei dem ein Jahr zuvor erschienen Temple of Apshai von Epyx der Fall gewesen war. In dem Geschäft durfte der Spieler Ausrüstung kaufen, um ins Dungeon aufzubrechen. Das wichtigste beim Einkauf war die Verpflegung. Denn der Charakter verbrauchte mit jedem Schritt einen Bruchteil Nahrung und wenn die aufgebraucht war, fiel er augenblicklich tot um. DND28B war ein äußerst simples Spiel. Es bot kein Charakterstufen-Konzept. Der Abschluss eines Dungeons belohnte den Spieler lediglich mit mehr Trefferpunkten, wodurch er weiter Monster töten konnte. Was gleichzeitig die einzige Art der Heilung darstellte. Denn es gab sonst keine Möglichkeit Trefferpunkte zurück zu gewinnen. Trefferpunkte waren wie Gold einfach ein Verbrauchsgegenstand.

Sein Chef bei ComputerLand, John Mayer, sah wie Richard an seinem DND28B schrieb und das es besser als die Spiele aussah, die er in den Verkaufsregalen stehen hatte. John Mayer brachte den Ball ins Rollen, in dem er Richard vorschlug, sein Spiel im Laden zu verkaufen. Richard kaufte im Supermarkt neben an, die damals typische Spiele-Packung, einen Ziploc Beutel. Diesen füllte er mit der Diskette – Richard hatte sich zwischenzeitlich ein Diskettenlaufwerk für seinen Apple II gekauft – einem Ausdruck des Hilfetextes und einer, von seiner Mutter angefertigten, Zeichnung. Das Spiel taufte Richard in Akalabeth um, den Namen von Tolkiens vierten Silmarillion Buch. Völlig skeptisch, dass überhaupt jemand dieses Spiel kaufen würde, machte Richard zunächst 15 Kopien davon. Den Sommer 1980 beobachtete Richard, wie die Exemplare langsam aus dem ComputerLand Laden verschwanden und füllte sie ständig nach. Auf mysteriöse Weise – manche Leute behaupten es wäre durch Raubkopien passiert – landete eines dieser Exemplare auf dem Schreibtisch von California Pacifics Gründer, Al Remmers. Al rief Richard im gleichen Sommer an und lud ihn zu sich nach Kalifornien ein. Richard flog mit seinen Eltern im Schlepptau zu CP, um dort den Landesweiten Vertrieb seines Akalabeth zu besprechen. Al schlug in dem Gespräch u.a. vor, das Spiel als Lord British zu vermarkten und ein Mysterium um Richards richtigen Namen zu machen, der dann in einem Preisausschreiben des Softalk Magazins 1981 enthüllt werden würde. Das Resultat dieser USA weiten Vermarktung wurden stolze 30.000 verkaufte Exemplare. Wodurch Richard mit seinem 22 KB Spiel bereits 150.000 US Dollar verdiente.

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