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BioWare – Aufstieg und Fall des Rollenspiel-Imperiums

by Pandur
In einer Zeit, in der sich Computerspiele gerade vom Klischee des Kinderspielzeugs lossagten, beschlossen drei Medizinstudenten aus Alberta ihr eigenes Spiel zu programmieren, bevor sie sich gänzlich der Medizin widmeten. Es entstand eine Rollenspiel-Schmiede deren Name mehr als zwei Jahrzehnte die Industrie prägte: BioWare.

Nach dem Abschluss ihres Studiums von der University of Alberta 1992 begannen Ray Muzyka, Greg Zeschuk und Augustine Yip von Gregs Keller in Edmonton aus Software zu programmieren, während sie sich zu Hausärzten weiterbildeten. Sie beschränkten sich zunächst auf medizinische Unterrichtssoftware, wie einen Gastroenterology Patient Simulator. Ein Programm um Medizinstudenten die Diagnose und Behandlung von Magen-Darm-Erkrankungen beizubringen. Bei ihren abendlichen entspannenden Gaming-Sessions, entschied sich das Trio selbst ein Computerspiel zu programmieren. Mit einem Startkapital von 100.000 $ gründeten sie im Februar 1995 BioWare. Der Name sollte sowohl eine Referenz auf ihre medizinische Ausbildung sein, als auch „Software für Menschen“ bedeuten. Ihr erstes Firmenlogo hatte gegenüber dem heutigen eine menschliche sowie eine Roboterhand, was als Symbolik für ein Mensch-Maschinen-Interface gedacht war. Als erste Demonstration ihrer Fähigkeiten hatten sie sich ein MechWarrior ähnliches Spielkonzept ausgedacht. Was bereits eine beeindruckende 3D Engine bot und damals ähnlich gut aussah wie NovaLogics Comanche Reihe. Sie schickten ihr Proof of Concept an zehn Publisher und erhielten, zu ihrer eigenen Überraschung, sieben Zusagen. Ihre persönliche Wahl viel auf Interplay, wodurch der damals noch junge Feargus Urquhart Produzent ihres Shattered Steel getauften Mech-Simulators wurde. Er schrieb die Geschichte sowie Dialoge des Spiels und produzierte die Videosequenzen bei Interplay, während die Doktoren das Spiel selbst programmierten. Zugegebenermaßen nicht völlig eigenständig, denn sie wurden dabei von den Pyrotek Studios unterstützt. Einem Brüderpaar aus Calgary: Brent Oster und Trent Oster. Shattered Steels Einzelspielerkampagne bekam 20 Missionen auf fünf verschiedenen Planeten, bei denen der Spieler in sogenannten „Planet Runners“ gegen organische und mechanische Aliens kämpfte. Abgesehen von den Zweibeinern ließen sich dabei ebenso Einrichtungen und Umgebung beschädigen. Shattered Steel bot zudem einen Mehrspieler-Modus für Co-Op Matches mit bis zu 16 Spielern. Für BioWare wurde es ein sehr lohnenswertes Debütprodukt, denn es verkaufte sich 1996 170.000 Mal. Dennoch wandelte sich das Team nach der Shattered Steel Fertigstellung. Augustine Yip war der Zeitaufwand zu groß. Er wandte sich wieder seiner Medizinkarriere zu. Die Oster Brüder trennten sich ebenfalls. Trent schloss sich BioWare an, während Brent Oster zu Origin Systems ging und dort an den Apache Longbow Simulationen mitarbeitete.

BioWares zweites Spiel sollte ein Echtzeitstrategiespiel werden. Dank Westwood’s Command & Conquer und Blizzard’s WarCraft ein zu der Zeit ein extrem beliebtes Genre. Es sollte sich um Ragnarök, das Ende aller Tage aus der nordischen Mythologie und deren Gottheiten drehen. Doch was die Story an ging, kam das BioWare Team nicht sonderlich weit. Denn als sie ihren „Battleground Infinity“ getauften Prototyp Interplay zeigten, verband Feargus Urquhart ihn im Geiste direkt mit der gerade neu erworbenen Dungeons & Dragons Lizenz. Da das Trio aus ihrer Jungend riesige D&D Fanboys waren, ergriffen sie die Gelegenheit und verwandelten Battleground Infinity in Baldur’s Gate mit der Infinity-Engine. Jim Bishop von TSR überschüttete BioWare mit Forgotten Realms Quellenmaterial. BioWare heuerte zudem James Ohlen, der jedes 2nd Edition Regelbuch besaß, als leitenden Designer und Scott Greig als weiteren Programmierer an. Ihre Wahl der Schwertküste und speziell Baldur’s Gate traf das Team, weil es der am wenigsten ausgearbeitete Teil des D&D Materials war und sie dadurch mehr Spielraum gewannen. Ihr grobes Ziel wurde es die nächste Generation von SSI’s Goldbox Games zu schaffen, wofür das neue RTS Konzept ideal geeignet zu sein schien. Damit der Spieler jedoch nicht zu sehr unter Druck gesetzt wurde, implementierten sie eine Pause-Funktion für Kämpfe, bei welcher der Spieler seinen Gruppenmitgliedern Befehle erteilen konnte, wie Zauber aus dem Buch zu holen oder Tränke zu schlucken. Ein simples Feature aber essentiell für die Infinity Engine und zukünftige Spiele der Reihe. BioWare baute die Monster ein, welche die Fans am liebsten sehen wollten und für Charaktere bis Stufe 7 zumutbar waren. Wo dieser Punkt gut verlief, bereitete TSR’s Ethik-Kodex ihnen bei den Quests und der gesamten Geschichte Probleme. Alles böse musste auf „gierig sein“ oder „psychotisch“ abgeschwächt werden, wodurch sich das Spiel nur für gute oder neutrale Charaktere wirklich effektiv entwickelte.

Baldur’s Gate erzählte die Geschichte eines Weisen, der in Candlekeep vom Magier Gorion aufgezogen wurde. Als Gorion sich eines Nachts bei einer Schlacht opferte, damit der Spieler entkommen konnte, begann das Abenteuer entlang der Schwertküsten Faeruns. Der Spieler deckte in den Nashkel Minen die Sabotage des Iron Thrones auf, welche ihn in die Hauptstadt der Region, Baldur’s Gate, führte. Die Untersuchung der Iron Throne Anführer brachte ans Tageslicht, dass sowohl der Spieler als auch der Drahtzieher, Sarevok, Nachfahren des Gott des Mordes, Bhaals, waren. Sarevoks Pläne sollten einen Krieg zwischen den Städten Amn und Baldur’s Gate anzuzetteln, womit er sich als würdige Thronfolger beweisen wollte. Letzten Ende bezwang der Spieler Sarevok in Bhaals Tempel, unterhalb von Baldur’s Gate, und sah mit an, wie dessen Seele, nach seinem Tod, eine von Hunderten Bhaal-Nachkommen-Statuen zerstörte.

Das sechsköpfige Entwickler-Team arbeitete zweieinhalb Jahre an Baldur’s Gate, bis es am 21. Dezember 1998 endlich in den Läden stand. Das 90-Stündige Rollenspiel, revolutionierte das damals totgeglaubte D&D-Rollenspiel-Genre und ebnete so den Weg für zukünftige BioWare und Black Isle Rollenspiele. Baldur’s Gate hatte für damalige Verhältnisse sehr gute Grafik und rundete die epische Hauptgeschichte durch inhaltsvolle Nebenquests sowie liebenswürdige Charaktere ab. D&D Fans konnten zudem berühmte Figuren wie Elminster oder Drizzt treffen. Der Mehr-Spieler-Modus erlaubte es sogar Freunden kooperativ die Geschichte zu durchleben. Mit über einer Millionen verkauften Exemplaren innerhalb des ersten Jahres und mehr als zwei Millionen in den Folgejahren, wurde es zu dem Überraschungshit 1999.

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