Sie legten den Grundstein für Activisions bombastischen Aufstieg. Entwickelten mehrere Multi-Million-Dollar-Franchices. Und als letzter unabhängiger Publisher Großbritanniens sind sie das Sprung für Indipendent Studios auf der ganzen Welt. Erlebt mit uns die 35-jährige Geschichte von System 3 und die Entstehung von The Last Ninja.
Als Geselle des englischen Königsfamilienfotographen Norman Parkinson durfte Mark Cale das Leben der Reichen bestaunen aber nicht selbst leben. Obwohl sein Chef die Hälfte der Zeit in der Karibik verbrachte, wurde Mark schnell klar, dass er mit dem Fotografieren nicht reich werden würde. Marks Job umfasste jedoch ebenso Fotos für Atari UK in London zu schießen. Deren VCS Spiele er ziemlich mies fand. Wie schlecht seiner Meinung nach Asteroids war, sagte er sogar Ataris Software Development Manager, Jon Norledge, ins Gesicht. Jon empfahl Marc daraufhin, doch seine eigene Software Firma zu gründen, wenn er wüsste, wie man qualitativ bessere Spiele macht. Was Marc Cale daraufhin auch tat. Zusammen mit seinem Freund Emerson Best und seinem Studienkollegen Michael Koo, mit welchem er den „System Studies“ Kurs an der Uni besucht hatte, gründete er 1982 System 3. Angelehnt an den Namen des Kurses und ihrer Anzahl.
Wobei Firma vielleicht ein etwas hochtrabender Begriff war, denn sie programmierten in Marcs Wohnung, die vom Sozialamt gesponsert wurde und noch bevor ihr erstes Spiel Colony 7 fertig war, hatte sich Micheal Koo schon wieder verabschiedet, womit es eigentlich nur noch System 2 war. Colony 7 war eine Kombination aus Taitos Space Invaders und Ataris Missile Command Automaten. Die Hauptinnovation des Automaten war, dass der Spieler mehr Münzen auch mehr Waffen bekam und auf diese Weise sogar eine Bildschirmsäubernde Bombe erhielt. Davon abgesehen ging es lediglich darum die am Boden befindliche Stadt zu beschützen und dafür die darüber kreisenden Schiffe abzuknallen. Möglichst bevor sie einer der beiden seitlichen Kanonen zu nahe kamen. Da der Spieler verlor, wenn beide Kanonen zerstört waren. Marc und Emerson portierten das Automatenspiel auf den Atari 800 XL. Es folgte Lazer Cycle für den BBC Micro und eine C64 Portierung des Star Wars Spiels Deathstar Interceptor. Letzteres war spieltechnisch nicht so weit von Colony 7 entfernt, da der Spieler sein Schiff weiterhin am unteren Bildschirmrand verschob und von oben kommende Feinde attackierte, während sich größtenteils die Hintergründe änderten. Außerdem war das Spektrum Original deutlich besser als System 3s Konvertierung. Aber was Marc an Programmierkünsten fehlte, machte er als Geschäftsmann wieder wett. Er flog in die USA und versuchte dort sowohl ihr Deathstar Interceptor zu vermarkten, als auch Rechte an US Spielen zu kaufen, um diese wiederum in Großbritannien zu verkaufen. Womit System 3 die ersten waren, die US Spiele nach Europa brachten und diesen Anfang machten sie mit Suicide Strike, Juice! sowie Motocross. Verhandlungen über Vertriebspartnerschaften mit Bing Gordon von Epyx und Trip Hawkins von Electronic Arts schlugen fehl, aber Marc gelang es einen äußerst lukrativen Deal mit Activision auszuhandeln, die für ihre Ghostbusters Vermarktung ihr UK-Standbein ausbauen wollten. Die Vereinbarung war den damaligen Plattenverträgen üblich und bestand darin, dass Activision System 3 für jedes selbst erdachtes Spiel einen Entwicklungsvorschuss zahlte und dessen Vertrieb übernahm, jedoch nicht selbst als Publisher in Erscheinung trat. Alles was Activision bekam waren 15% des Gewinns.
Trotz dieses äußerst gelungen Abkommens hatte Marcs Freund Emerson wenig Vertrauen in die Firma und verließ System 3 wie Michael zuvor. Weshalb Marc System 3s nächste Projekte bei LT Software in Auftrag gab. Der dortige Programmierer lieferte eine misslungene Spectrum Version ihres International Karate ab und verließ LT Software, bevor sich die C64 Fassung überhaupt der Fertigstellung näherte. Ein weiterer Fehlschlag.
Jon Hare hatte bei LT Software sowohl die Grafiken für International Karate gemacht, als auch für Marcs zweiten Auftrag Twister. Doch Jon Hare und sein Kollege Chris Yates fühlten sich von LT Software übers Ohr gehauen, weil die Firma 85% des Geldes einstrich und sie die verbleibende 15% bekamen. Also verließ das Duo LT Software und gründete ihr eigenes Unternehmen Sensible Software, deren erstes Werk Twister: Mother of Charlotte wurde, was natürlich System 3 vertrieb. Mark hatte für die Vermarktung der beiden Spiele bereits einen Stand auf der Personal Computer Show gemietet und nun verzögerten sich die Spiele. So ging er zu einer Talent-Agentur in Soho und besorgte sich Karate-Trainer, die am System 3 Stand Holzblöcke zerschlugen, während leicht bekleidete Damen vor ein paar wenigen Monitoren mit Bildern von Twister tanzten. Die Show wurde zur größten Attraktion der gesamten Messe und endete damit, dass der Veranstalter Mark am Abend des ersten Tages drohten den Strom ab zu drehen, wenn er sie am nächsten Tag wiederholen würde. Aber Mark interessierte das nicht. Er machte lediglich die Presse darauf aufmerksam und sorgte damit für noch mehr Publicity.
Für die tatsächliche Fertigstellung von International Karate engagierte Mark Archer MacLean, dem er im örtlichen Pub den Karate Champ Automaten als Zielvorgabe demonstrierte. Obwohl Archer nun den Ursprung von LT Softwares IK Prototypen sah, nahm er ein anderes Spiel als Inspiration für seine Version: Way Of The Exploding Fist von Beam Software, das erste Prügelspiel, was auch Block und Gegenangriffmechaniken hatte und wenige Monate zuvor erschienen war. Auch wenn sie spielerisch wenig Ähnlichkeit hatten, verwendete Archer dafür das Grundgerüst seines vorangegangenen Spiels Dropzone und schrieb einen kleinen Editor, der ihn Animationen zusammenfügen und im richtigen Moment Soundeffekte dafür auslösen ließ. Für die Animationen nahm er VHS Filme zur Hilfe. Er klebte Cellophanfolie auf den Fernseher, malte die Bilder nach und skalierte fürs Spiel. So kam der Backflip aus Grease und der doppelte Gesichtstritt aus Burt Reynolds The Cannonball Run. Soundeffekte kopierte Archer ebenso aus diversen Karatefilmen sowie Tom & Jerry, die er dann mit einem 4-Bit Sampler übertrug und komprimierte. Was International Karate jedoch von der damaligen Konkurrenz abhob, waren die unterschiedlichen Kämpfer, die kleinen Veränderungen im Hintergrund, sowie andere winzige Gags, die den Spieler zum Schmunzeln brachten. Damit das Spiel weniger statisch wirkte, baute Archer z.B. eine Animation ein, bei welcher der Spielfigur die Hose runter rutschte, wenn er längere Zeit nichts tat.
International Karate verkaufte sich nicht nur in Europa super, sondern wurde in den USA sogar das erste Spiel europäische Spiel, was es auf Platz 1 der amerikanischen Verkaufscharts schaffte. Das von Epyx in „World Championship Karate“ umgetaufte Spiel brachte dort jedoch ebenso einen Rechtsstreit mit sich. Karate Champ Publisher Data East verklagte Epyx wegen der Ähnlichkeiten der beiden Spiele. System 3 bzw. Epyx gewannen das Verfahren jedoch, weil die Übereinstimmungen laut dem Richter darin bestanden, dass sich zwei Karatekämpfer, einer in weiß und der andere in rot, mit Karatetypischen Schlägen und Tritten duellierten. Wodurch sie lediglich den Karateregeln folgten, aber Data East nicht einen ganzen Kampfsport für sich beanspruchen konnte. So führte der Rechtsstreit in den USA zwar vorübergehend zu einem Verkaufsstop, nach der Beilegung jedoch zu um so größerem Absatz.